Texte

Steffi Deparade-Becker

Architektur als Widerspiegel menschlichen Selbstverständnisses

Steffi Deparade-Beckers Kunst handelt vom Scheitern / Untergang / Zerstört-Sein menschlicher Wert- und Ordnungsstrukturen, vorgetragen als Architekturfragment, Stadtlandschaft oder Spiegelbild uneinlösbarer urbaner Konzepte. Damit verbunden ist der Orientierungsverlust einer zwischen Himmel und Erde säuberlich trennenden Horizontlinie. Stattdessen deren zunehmende Auflösung hin zu einem umfassenden, farbdurchdrungenen, grenzenlosen Raumganzen.

In distanzloser Nahsicht, unmittelbar vor dem Auge des Betrachters, erkennen wir geborstene, aufgerissene oder kurz vor dem Bersten befindliche Architekturen, häufig mit explosiver Wucht zu einem unentwirrbaren Knäuel ineinandergeschoben, manchmal auch als dynamisch-futuristisch vorgetragene Architekturimpressionen konkurrierend vor die Weite der Landschaft gestellt. Dann schrumpfen sie entweder zur Bedeutungslosigkeit, überwältigt von der Grenzenlosigkeit des Alls, oder sie beginnen bereits bei ihrer Entstehung ob der Unangemessenheit ihres Anspruchs zu implodieren, sich durch ein überzogenes, nicht einlösbares Selbstverständnis von innen heraus aufzulösen.

Von jeher widerspiegelt Architektur das Selbstverständnis des Menschen, wie er Bergung findet, welche Wert- und Ordnungsstrukturen dafür maßgeblich sind, wie er seine Rolle in der Welt sieht und sein Verhältnis zur Schöpfung. Insofern lässt sich über die Darstellung von Architektur sehr viel über den Menschen aussagen, ohne ihn selbst darzustellen. Bei Steffi Deparade-Becker ist sie ein Symbol der Bedrohung, für das, was Menschen einander antun können, für schutzloses Zurückgelassen-Sein und darüber hinaus für die Unfähigkeit, Zukunftsperspektiven inklusive eines tragfähigen Verhältnisses für den Umgang mit der Natur zu entwickeln.

Last der Freiheit

Und auf einmal ist sie wieder da, die Horizontlinie, die jahrhundertelang streng zwischen Himmel und Erde unterschied, zwischen dem lichten Oben und dem dunklen Unten. Diese Sicht der Dinge setzte eine allgemein anerkannte Wertordnung voraus, die im Prinzip des Gottesgnadentums noch existierte, jedoch spätestens mit der Aufklärung unterging. Die nunmehr geltende Unbeweisbarkeit jeglichen Glaubens entlies den Menschen in eine existentielle Freiheit, die Kant als den „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ und als Mut, sich des „eigenen Verstandes zu bedienen“, bezeichnete („Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“, 1784). Mensch bzw. Künstler sind von nun an auf sich selbst zurückgeworfen. Und in diesem Zurückgeworfen-Sein erfahren wir angesichts der nicht zu bewältigenden Fülle an Möglichkeiten die Begrenztheit unseres Erkennens und damit exemplarisch unserer Endlichkeit. Ausdrücklich weist Steffi Deparade-Becker in diesem Zusammenhang auf Caspar David Friedrichs Gemälde „Mönch am Meer“ (1806 -1810) hin - die Ikone zum Entstehen des modernen Bildraumverständnisses. Es zeigt einen winzigen, auf einer Sanddüne stehenden Kapuzinermönch vor der Grenzenlosigkeit eines nach allen Himmelsrichtungen hin offenen Meereshorizonts.

Die hier dargestellte Unbegreiflichkeit des Unendlichen haben Novalis und vor allem Friedrich Wilhelm Schlegel positiv als Freiheit definiert. Ohne die Hoffnung, zu einem verbindlich beweisbaren, geschlossenen Weltanschauungssystem zurückfinden zu können und insofern in der Letztbegründung der eigenen Existenz zwangsläufig unvollendet, sah Schlegel trotzdem die Chance eines Unendlich-Werdens des endlichen Menschen und damit seinen Eintritt in eine grenzenlose Freiheit, so er sich auf die unvorhersehbare Entwicklung des Kosmos einlasse. „Gott werden, Mensch sein, sich bilden, sind Ausdrücke, die einerlei bedeuten“ (Friedrich Wilhelm Schlegel, Athenäums-Fragmente, 262). Für das Unendliche prägte die Frühromantik den Begriff des ‚Erhabenen‘, gleichsam als Ersatz für das ‚Heilige‘ in früherer Zeit. Über die Betrachtung der Natur sich dem Erhabenen in einer Art kosmischen Allgefühls zu verbinden, bedeutet für die Landschaftsmalerei nicht mehr und nicht weniger als die Aufhebung der trennenden Horizontlinie und die Bildung eines universalen, einheitlich durchpulsten Großraums. Bei Caspar David Friedrich geschieht dies über ein alles integrierendes, aus der Natur abgeleitetes einheitliches Bildlicht, z. B. in seinem Gemälde „Zwei Männer den Mond betrachtend“ (1818-1819). Aber schon 300 Jahre früher strebt Leonardo in seinem berühmten „sfumato“ Ähnliches an, indem er einen weichzeichnenden Lichtschleier über das Bild zieht, der Alles mit Allem verbindet.

Im Endeffekt jedoch scheint das Ergebnis dieser Versuche ernüchternd. Unter dem Titel „Dreh dich endlich um, Kerl! - Ein Versuch, Caspar David FRIEDRICHs Rückenfiguren ins Gesicht zu sehen“ (1977), stellt Bazon Brock anhand einer Analyse von Friedrichs berühmtester Rückenfigur, dem „Wanderer über dem Nebelmeer“ (1818), fest: „... dass alles, was uns mit Aussagen über die Welt hinaustreiben möchte, an die Grenze der Welt stößt; dass an dem, was hier in der Welt vorgefunden wird, jene Aussagen festgemacht werden müssen. Nicht pantheistischer Überlassung an die Natur reden die Bilder das Wort, nicht der Sehnsucht nach Aufgehen und Verschwinden in ihr, sondern sie sind bestimmter, unbezweifelbarer Rückverweis auf die Wahrnehmung, die wir von der Welt haben.“ Nicht anders ergeht es Leonardo, der mindestens ebenso sehr Naturforscher wie Künstler war. Was bleibt, ist das rätselhafte Lächeln seiner „Gioconda“.

Zwischen Weltrealität und Suche nach einer ganzheitlichen Perspektive

Auch Steffi Deparade-Becker zieht einen weichzeichnenden Schleier über das Bild, der nicht selten in scharfem Gegensatz zu den expressiv und dynamisch vorgetragenen harten Konturen und Kanten ihrer Architekturfragmente, technischen Objekte und Stadtlandschaften steht. Darunter eine pastelltonige Ölmalerei, die sich zum einen in meditativer Gestimmtheit aus der Tiefe des Malgrundes zum Betrachter hin entwickelt und im Zuge dieser Entwicklung auf das lebhaft-dynamische, von Farbkontrasten geprägte Vordergrundgeschehen trifft. Der Ort dieses Aufeinandertreffens wird stets zum Schlachtfeld zwischen bedrückender Weltrealität und dem Versuch, diese in eine neue, ganzheitliche Perspektive zu überführen. Das Schlachtgetümmel ist heftig und durch den konsequenten Einsatz der unterschiedlichen Raumhaltigkeit der Farben von bewegt optischer Dreidimensionalität. Und je mehr sich in diesem Gefecht die Gesetze des Malgrundes durchsetzen, die von dort ausgehende Farbkonstellation die bedrückende Lebensrealität unterläuft und wandelnd vereinnahmt, um so höher steigt die Horizontlinie bis sie vielleicht einmal ganz verschwindet. Aktuell verschwindet sie manchmal zum Teil, niemals ganz, außer in einigen in extremer Nahsicht gegebenen Architekturfragmenten.

Der Wunsch nach einem nachhaltig fundamentalen Wandel unseres Weltverständnisses bleibt Fiktion, die Vereinigung von Himmel und Erde zu einem kosmisch geprägten Raumganzen unerfüllt. Steffi Deparade-Becker ist hier illusionslos. Trotzdem: Betrachtet man ihre Werke unter rein künstlerisch-formalen Gesichtspunkten, bietet sich uns ein faszinierendes Geschehen, verführerisch wie der Apfel vom Baum der Erkenntnis. „Gekonntes Leid ist halbes Leid“ bemerkte Alfred Kerr einmal anlässlich einer Ausstellung von Käthe Kollwitz im Berlin der 20er Jahre. Gleiches gilt für Steffi Deparade-Becker. Nietzsche hätte dies unter dem Begriff „Pessimismus der Stärke“ verbucht.

15. Juni 2023
Prof. Dr. Rainer Beck (Kunsthistoriker, HfBK Dresden)

Steffi Deparade-Becker

Die Bilder von Steffi Deparade-Becker sind auf eine sanfte, beinah beschwörende Weise vollkommen lautlos, als gingen sie einer Vision nach oder lösten aus einer Tiefe ein Traumbild mit seinen schwachen, sofort zerfließenden Konturen, seiner Instabi- lität und Ortlosigkeit, wenn es an die Oberfläche kommt und damit der Wirklichkeit, also der unmittelbaren Anschauung ausgesetzt ist. Hinter Farbschleiern scheint es zurückzuweichen, sich der scharfen Ordnung von Wirklichkeit zu entziehen und dafür die Elemente zu beanspruchen, Wasser, Luft, Licht mit all ihren irritierenden Spiegelungen und Farbspielen, und sich so das Schwebende, auch Leichte, das Durchlässige, das Dunkle und Empfindliche, den Nachdruck seines Herkommens zu be-wahren.

Wie in eine farbige, oft kühle, manchmal blendend helle, dann dunkle Atmosphäre getaucht, die eine Tageszeit und eine Jah-reszeit suggeriert, oder ein nordisches menschenleeres Land, in dem Himmel, Licht und Wasser auf eine ruhig dramatische Weise sich ins Unendliche steigern – vermitteln die Bilder die Anmutung eines Seelenzustandes, der sich in den Tages- und Jahreszeiten, den sie bestimmenden Farben, der Öffnung der Räume in die Tiefe oder Weite spiegelt, und doch in seinem Grundton gleich bleibt.
Vergleichbar dem Film „Stalker“ des russischen Regisseurs Andrej Tarkowsky aus dem Jahr 1979 scheinen die suggerier-ten Räume in den Bildern von Steffi Deparade- Becker auch Stationen auf dem Weg des Erinnerns, im Wechsel von Helle und Dämmerung, Enge und Weite, mit den tropfenden, zer-fließenden Farb- und Lichtspuren über einer dahinter liegenden Welt, ihren Architektur- und Textfragmenten, Gesichtern und Masken, ihrer Gegenständlichkeit.

In dem berühmten Film von Tarkowsky werden ein Wissen- schaftler und ein Schriftsteller von einem Stalker, gleichsam einem Seelenführer, durch eine verbotene Zone begleitet, eine vom Verfall gezeichnete Industrielandschaft, um an einen be-stimmten Ort zu gelangen, an dem ihre geheimsten Wünsche in Erfüllung gehen.
Die in ruhigen, melancholischen Bildern aufgezeichnete Reise gleicht einer seelischen Expedition, im Rückblick einer selt-samen rätselhaften Prophetie, wenn über den Trümmern jener verfallenen Industrielandschaft sich die Natur in ihrer ganzen Farbigkeit abzeichnet, im Kontrast zum SchwarzWeiß einer zurückgelassenen Alltagswelt .

Über ausgeschnittene Fotos mit ihren Motiven, über Schriftstücke legt die Künstlerin in ihren Bildern Farbe, die den Motiven nachzugehen, sie mit einer Empfindung zu vergleichen scheint, und daraus ein beinah architektonisch aufgebautes Bild- geschehen zu entwickeln, wie eine Antwort.
Das ist besonders. Die Bilder von Steffi Deparade-Becker sind nicht zuerst Aussagen über Farbe, Struktur, Kontrast, also mit einem Farbgeschehen allein bescchäftigt. Sondern sie nehmen einen ursprünglichen, den besonderen, subjektiven Dialog mit ins Bild, der immer Geschichte enthält, und damit Zeit. Nicht Zeit im objektiven Sinn, sondern eben als subjektive Erfahrung, in der Farben sich mit einem Erlebnis verbinden und dadurch einen besonderen Ton haben, den man nicht einfach im Farb-kreis wiederfindet. Für das besondere, das subjektive Erleben mitsamt seiner Geschichte wird man den Farbkreis ersetzen müssen duch einen ganz anderen, in dem die Abfolge der Farben und Farbtöne nicht ihrer optischen Qualität überlassen bleibt, sondern als eine Folge persönlicher Entscheidungen zu lesen ist. Und angehalten wird in einem Bild, in dem der Augenblick Farbe annimmt, sich zur Dauer verlängert, und im selben Moment aufzulösen scheint, durchlässig transparent, und da-durch seine sanfte Magie entfaltet.

Ursula Meyer-Rogge.
Kunsthistorikerin und freie Autorin, Hamburg

Text copyright © bei der Autorin

„Der unendliche Augenblick“, das ist doch die Ewigkeit der Erinnerung, der Gedanken und Träume, der Apokalypsen und der Lust am Dasein, der Abschiede – ein Schweben.

Die Bildpoesie von Steffi Deparade-Becker impliziert rätselhafte Geschichten und Schichtungen, die ineinander überzugehen scheinen und sich wieder auflösen in Farbschleiern. Momentaufnahmen - ausgewischt, verwischt, gefrorene Zeit. Stille ist gepaart mit Bewegung. Es handelt sich um eine Kunst, die einem reichen Innenleben entspricht, erhaben über zeitliche und räumliche Messbarkeit, die eigenen Gesetzmäßigkeiten verbunden ist. Vertrautes und Imaginäres, Findungen und Erfindungen, Architektur und Landschaft, Atmosphärisches und Abstraktes, eine Kälte und eine Zärtlichkeit sind miteinander verbunden. Es lebt das Prinzip von Makro- und Mikrokosmos in diesen fragilen Irrgärten des Verstandes. Fremdheiten wachsen und schweben und bilden Zusammenhänge, aus denen Steffi Deparade-Becker ihre Wahrheiten destilliert, den verschlüsselten Geheimnissen unserer Seele gleich, in denen wir entfernte Zeiten und Wirklichkeiten gleichzeitig erleben, in denen die Ungleichzeitigkeit des Raumes in Zeitlosigkeit mündet.

Die Bilder von Steffi Deparade-Becker versetzen uns sanft aber zwingend in eine aufmerksame, sensible Stille. Wir kommen dabei nicht zur Ruhe, aber wir müssen uns ihnen zuwenden: schauen - warten - schauen, fühlen, denken, eine Ahnung aufsteigen lassen.

Sonst kämen wir nur an die Oberfläche dieser Kunst. Wendet das Bild sich uns aber zu, dann könnte es zugehen wie beim Alchimisten, der im Feuer Metall schmilzt, wieder und wieder, und damit einen langen Prozess der Reinigung in Gang setzt, der auch ihn selbst ergreift. 3 Elemente prägen diesen Vorgang: das Geistige, das Stoffliche, die Wandlung.

Mir erscheinen die Werke von S.D.-B. wie ein solches Ritual. Ihre Form entsteht wie ein Bauwerk in einem schöpferischen Akt, der die Gesetze der Gestaltung bis in die Tiefe beherrscht und achtet. Ihre Farben spiegeln eine Realität, die schon durch Feuerbrände der Erfahrung gegangen ist. Die Symbolsprache der Farben hat die Künstlerin intellektuell erforscht, ihre Wirkung über das Unterbewusstsein selbst durchlebt Und so bekommt das Stoffliche von Farbe, Papier und Collage, von Überzeichnung und Übermalung mit Öl und manchmal Tempera auch eine magische Dimension. Werden wir dann von Magie des Bildes in die Tiefe gezogen, treffen wir plötzlich auf prosaische Details, auf gegenständliche Elemente, die uns zurückholen in die reale Sachwelt. Treten wir aber ein paar Schritte zurück oder gar bis zur gegenüberliegenden Wand, so schließt sich die Form auf erstaunliche Weise zu einer Inkunabel der Bildidee.Wie aus dem Feuer des Alchimisten der Geist des Erzes herausglüht, so liegt die künstlerische Botschaft des Bildes zwischen den fein verwobenen Schichtungen eines sinnlichen Bedeutungsgeflechtes, das unsere Lust auf Erkenntnis ebenso befriedigt wie unsere Sehnsucht nach dem Verborgenen, Geheimnisvollen, nach den Mysterien. Die geistige Welt der Künstlerin verwandelt sich in eine Stoffliche von Farbe und Form, die Collage schmilzt das Abbild der Welt direkt mit ein. S.D.-B. ist wohl eine intellektuelle Malerin mit dem kulturellen Erbe alchimistischer Berufung im Blut, wie sonst wären diese unnachahmlich feinen, tiefglühenden Farbräume , oder die eigenwilligen Übermalungen zu erklären, die ihre Bilder zu einem Balanceakt zwischen kühl tektonisch Gebautem und archetypischen Visionen macht.
Ich sehe eine Seelenverwandtschaft zu Per Kirkeby, der von sich sagt: „Als ein Nachkomme Pollocks lebe ich natürlich im Universum des Details. Vielleicht aber dort,… wo man nicht weiß, ob große Dinge kleine Dinge sind, ob etwas ähnlich ist oder nur sein malerischer Stoff.“

In diesem Erlebniskreis locken uns ihre Dinge und ihre Malerei. So gräbt sich in einen Rückenakt mit schwer aufgestütztem Kopf ein bedrohliches Detail in den Hals. „Bedrohung II“ nennt die Künstlerin das Bild. Und der altmeisterlich und modern anmutende gespannte Körper ruft in seinem Umfeld ein paradoxes Gefühl der Faszination an diesem Inkarnat hervor. Immer wieder gleitet der Blick über die Haut, die wellenartig über den oberen Teil des Bildes läuft und leicht, fast schwebend eine bedrohliche Angst verkörpert.

In anderen Bildern finden wir die Disbalance schon in der Konstruktion des Bildraumes, indem uns die Künstlerin die zuverlässige Ebene des Betrachtens verschiebt in ein seltsam berührendes Ungleichgewicht. Blickwinkel, Perspektiven, scheinbare Spiegelungen oder eigenwillig gekippte Ebenen geben der Realität auf dem Bild eine zweite und dritte und manchmal auch irrationale Dimension. Sie erzeugen Gefühle der Unsicherheit, der Sinnenfreude am Ungewöhnlichen, des kurzzeitigen Unbehagens und des Staunens über die sich ständig wandelnde Sicht.

Collagen verselbständigen sich bei näherem Hinsehen als Verschraubung, eine New Yorker Straßenschlucht, als Amöbe; ein Geschwader von Doppeldeckern, Augen in einem verborgenen Gesicht, Gräser in der Spiegelung von Brillengläsern und oft architektonischen Details - und im nächsten Moment sehen wir das nur noch als Farb- und Formelement.

Es erscheint mir schwierig, das wirkliche Geheimnis dieser zunächst so zurückhaltend daherkommenden Bilder in Worte zu fassen. Die Intensität und Kraft ihrer Ausstrahlung beruht auf dem meisterhaften Verschmelzen von Malerei und Collage zu etwas Neuem, Ganzheitlichen. Lichträume, organische Formen, kunsthistorische Zitate, Metall, Haut, Glas, Technik finden ihren Platz wie Wind und Wärme, Kristallenes und Gewebtes, Gedachtes und Gefühltes. Und die Künstlerin scheut sich nicht, ihre zeitgemäße Formsprache in ein Farbkonzept zu fassen, dass ebenso an Rembrandt wie an die Explosion der Farben der Expressionisten erinnert. Aber jeder noch so kleine Raum des Bildes ist ein eigenes in sich geschlossenes Stück der Kunst.

S.D.-B. selbst beschreibt das Fragmentarische, das sie aufgreift, als Sehgewohnheit der Jetztzeit. Aber meine Assoziationen und ästhetischen Erfahrungen führen mich noch in eine andere Richtung: in die selbstverständlich als Realität betrachtete mythische, legendäre und psychische Welt, die z.B. in die Werke von Garcia Marquez oder Goya einfließt; oder sie erinnern an den Umgang mit Farbe, Licht und Raum in expressionistischen Dramen der zwanziger Jahre, von denen sich Toller, Kaiser und Sternheim einen ungeheuerlichen Eindruck auf den Besucher des Theaters erhofften. Oder ich denke an komplexe Wahrnehmungen in allen Kulturen, die mit Natur und kosmischen Kräften noch im Einklang lebten und die in ihrer Kunst eben jene Verschmelzung von Klein und Groß, von Teil und Ganzem, von Gottheit und Mensch offenbaren.

S.D.-B. kommt auf der Suche nach dem tieferen Sinn des Lebens ihrer Wesensart entgegen, in der Welt starker Emotionen und den Kraftfeldern des Rationalen gleichermaßen zu Hause zu sein. Und so gelingt es ihr, kunsthistorische Traditionen zu verinnerlichen, um eine ihren Botschaften angemessene zeitgemäße Kunst zu schaffen.

Karin Weber (Kunstwissenschaftlerin u. Kuratorin)

Die Bilder von Steffi Deparade-Becker versetzen uns sanft aber zwingend in eine aufmerksame, sensible Stille. Wir kommen dabei nicht zur Ruhe, aber wir müssen uns ihnen zuwenden: schauen - warten - schauen, fühlen, denken, eine Ahnung aufsteigen lassen.

Sonst kämen wir nur an die Oberfläche dieser Kunst. Wendet das Bild sich uns aber zu, dann könnte es zugehen wie beim Alchimisten, der im Feuer Metall schmilzt, wieder und wieder, und damit einen langen Prozess der Reinigung in Gang setzt, der auch ihn selbst ergreift. 3 Elemente prägen diesen Vorgang: das Geistige, das Stoffliche, die Wandlung.

Mir erscheinen die Werke von S.D.-B. wie ein solches Ritual. Ihre Form entsteht wie ein Bauwerk in einem schöpferischen Akt, der die Gesetze der Gestaltung bis in die Tiefe beherrscht und achtet. Ihre Farben spiegeln eine Realität, die schon durch Feuerbrände der Erfahrung gegangen ist. Die Symbolsprache der Farben hat die Künstlerin intellektuell erforscht, ihre Wirkung über das Unterbewusstsein selbst durchlebt Und so bekommt das Stoffliche von Farbe, Papier und Collage, von Überzeichnung und Übermalung mit Öl und manchmal Tempera auch eine magische Dimension. Werden wir dann von Magie des Bildes in die Tiefe gezogen, treffen wir plötzlich auf prosaische Details, auf gegenständliche Elemente, die uns zurückholen in die reale Sachwelt. Treten wir aber ein paar Schritte zurück oder gar bis zur gegenüberliegenden Wand, so schließt sich die Form auf erstaunliche Weise zu einer Inkunabel der Bildidee.Wie aus dem Feuer des Alchimisten der Geist des Erzes herausglüht, so liegt die künstlerische Botschaft des Bildes zwischen den fein verwobenen Schichtungen eines sinnlichen Bedeutungsgeflechtes, das unsere Lust auf Erkenntnis ebenso befriedigt wie unsere Sehnsucht nach dem Verborgenen, Geheimnisvollen, nach den Mysterien. Die geistige Welt der Künstlerin verwandelt sich in eine Stoffliche von Farbe und Form, die Collage schmilzt das Abbild der Welt direkt mit ein. S.D.-B. ist wohl eine intellektuelle Malerin mit dem kulturellen Erbe alchimistischer Berufung im Blut, wie sonst wären diese unnachahmlich feinen, tiefglühenden Farbräume , oder die eigenwilligen Übermalungen zu erklären, die ihre Bilder zu einem Balanceakt zwischen kühl tektonisch Gebautem und archetypischen Visionen macht.
Ich sehe eine Seelenverwandtschaft zu Per Kirkeby, der von sich sagt: „Als ein Nachkomme Pollocks lebe ich natürlich im Universum des Details. Vielleicht aber dort,… wo man nicht weiß, ob große Dinge kleine Dinge sind, ob etwas ähnlich ist oder nur sein malerischer Stoff.“

In diesem Erlebniskreis locken uns ihre Dinge und ihre Malerei. So gräbt sich in einen Rückenakt mit schwer aufgestütztem Kopf ein bedrohliches Detail in den Hals. „Bedrohung II“ nennt die Künstlerin das Bild. Und der altmeisterlich und modern anmutende gespannte Körper ruft in seinem Umfeld ein paradoxes Gefühl der Faszination an diesem Inkarnat hervor. Immer wieder gleitet der Blick über die Haut, die wellenartig über den oberen Teil des Bildes läuft und leicht, fast schwebend eine bedrohliche Angst verkörpert.

In anderen Bildern finden wir die Disbalance schon in der Konstruktion des Bildraumes, indem uns die Künstlerin die zuverlässige Ebene des Betrachtens verschiebt in ein seltsam berührendes Ungleichgewicht. Blickwinkel, Perspektiven, scheinbare Spiegelungen oder eigenwillig gekippte Ebenen geben der Realität auf dem Bild eine zweite und dritte und manchmal auch irrationale Dimension. Sie erzeugen Gefühle der Unsicherheit, der Sinnenfreude am Ungewöhnlichen, des kurzzeitigen Unbehagens und des Staunens über die sich ständig wandelnde Sicht.

Collagen verselbständigen sich bei näherem Hinsehen als Verschraubung, eine New Yorker Straßenschlucht, als Amöbe; ein Geschwader von Doppeldeckern, Augen in einem verborgenen Gesicht, Gräser in der Spiegelung von Brillengläsern und oft architektonischen Details - und im nächsten Moment sehen wir das nur noch als Farb- und Formelement.

Es erscheint mir schwierig, das wirkliche Geheimnis dieser zunächst so zurückhaltend daherkommenden Bilder in Worte zu fassen. Die Intensität und Kraft ihrer Ausstrahlung beruht auf dem meisterhaften Verschmelzen von Malerei und Collage zu etwas Neuem, Ganzheitlichen. Lichträume, organische Formen, kunsthistorische Zitate, Metall, Haut, Glas, Technik finden ihren Platz wie Wind und Wärme, Kristallenes und Gewebtes, Gedachtes und Gefühltes. Und die Künstlerin scheut sich nicht, ihre zeitgemäße Formsprache in ein Farbkonzept zu fassen, dass ebenso an Rembrandt wie an die Explosion der Farben der Expressionisten erinnert. Aber jeder noch so kleine Raum des Bildes ist ein eigenes in sich geschlossenes Stück der Kunst.

S.D.-B. selbst beschreibt das Fragmentarische, das sie aufgreift, als Sehgewohnheit der Jetztzeit. Aber meine Assoziationen und ästhetischen Erfahrungen führen mich noch in eine andere Richtung: in die selbstverständlich als Realität betrachtete mythische, legendäre und psychische Welt, die z.B. in die Werke von Garcia Marquez oder Goya einfließt; oder sie erinnern an den Umgang mit Farbe, Licht und Raum in expressionistischen Dramen der zwanziger Jahre, von denen sich Toller, Kaiser und Sternheim einen ungeheuerlichen Eindruck auf den Besucher des Theaters erhofften. Oder ich denke an komplexe Wahrnehmungen in allen Kulturen, die mit Natur und kosmischen Kräften noch im Einklang lebten und die in ihrer Kunst eben jene Verschmelzung von Klein und Groß, von Teil und Ganzem, von Gottheit und Mensch offenbaren.

S.D.-B. kommt auf der Suche nach dem tieferen Sinn des Lebens ihrer Wesensart entgegen, in der Welt starker Emotionen und den Kraftfeldern des Rationalen gleichermaßen zu Hause zu sein. Und so gelingt es ihr, kunsthistorische Traditionen zu verinnerlichen, um eine ihren Botschaften angemessene zeitgemäße Kunst zu schaffen.

Die Bildräume der Steffi Deparade-Becker

Horizontale und Vertikale, Helligkeit, Dunkelheit, aufglimmende Lichter, durchbrechende Strahlen im nebligen Grau, Staffelungen in die Tiefe, Verschachtelungen. Man glaubt, hohe Häuser zu entdecken, glaubt, verschiedentlich hinein sehen zu können. Im Dunkel scheint Regennässe zu glänzen. Man wähnt, Spiegelungen zu erkennen. Manche Bildkompositionen wirken „gläsern“, erinnern auch an Vereisung. Manchmal scheint man die Geräusche der Großstadt zu hören, Menschen , die die Straßen entlang hasten, oder auch die Lichtspuren von Autos zu sehen. Man denkt an Städte mit glänzenden Fassaden, aber auch deren Rückseite. Außer Licht zeigen sich viele Tiefen, reichlich Diffusität, alltägliche Ungewissheit anzeigend. Urbanität, „Städtisches“ – so der Titel einer Folge von Arbeiten auf Papier – ist für Steffi Deparade-Becker ein wichtiges, gegenwärtig d a s Thema. Unter ihren Händen entstehen Bilder voller Suggestivkraft, voller Sensibilität und – im sprichwörtlichen Sinn – voller Vielschichtigkeit. Man entdeckt eincollagierte Zeitungs- und Zeitschriftenfragmente. Oft sind sie gerade noch wahrnehmbar, manchmal auch deutlicher sichtbar, manchmal zum Teil wieder entfernt, so mit den zerfransten Rändern der Farbe ein Hindernis bietend. Sie sind eingebettet in gemalte Räume aus Horizontalen und Vertikalen. Die Bilder folgen einer Art architektonischem Prinzip, wirken wie gebaut. Die Farbe ist mal dicker, mal dünner aufgetragen. Sie bildet mal einen Schleier über den Collagen, mal eine Art Wirbel, der zum dynamischen Bildelement wird, mal ist sie als Laufspur sichtbar. Es wechseln Transparenz und Undurchschaubarkeit.

Die Farbigkeit der Bilder Steffi Deparade-Beckers ist von besonderer Delikatesse. Neben Hell-Dunkel-Kontrasten bestimmen feinste Abstufungen ihre Malerei. Man entdeckt helles bläuliches Grün, manchmal gestellt gegen ein dunkles Grau, fast Schwarz, hin und wieder von einer Spur dunklem Violett veredelt. Es zeigt sich auch mit Weiß abgetöntes Rot oder Orange – ganz zart oft, in jüngerer Zeit auch kräftiger aus dem Dunkel leuchtend. Helles, mit Weiß getöntes Gelb ist ebenfalls da oder grünliches Grau. Neuerdings hat sich ein wunderbares helles Blau in die Farbskala geschoben, ein Blau, das an den Himmel südlich der Alpen erinnert. Und so ist es vielleicht kein Zufall, wenn man beim Ansehen eines Bildes einmal nicht nur an die Megametropolen dieser Welt denkt, sondern sich in eine historische Schönheit wie Venedig hinein
träumt. Aber auch sie ist ja bekanntlich nicht nur alt und schön, denkt man allein an die sie heimsuchenden Überschwemmungen.

Steffi Deparade-Beckers Bilder haben einen eigenen Klang, der aus einem subtilen und souveränen Umgang mit künstlerischen Mitteln erwächst. Ihr „Handwerkszeug“ erwarb sie sich von 1974 bis 1980 an der traditionsreichen „Burg“, der Hochschule für Kunst und Design Halle-Burg Giebichenstein. Namen wie Crodel, Hahs, Grzimek, Völker, Weidanz haben diesen Kulturraum mit geprägt. Allerdings auch von hier gingen Künstler unter dem Druck der Formalismus-Debatte in den Westen (Bachmann, Knispel) oder wurden durch die offizielle Kulturpolitik an den Rand gedrängt wie der meisterlich-naive Albert Ebert. Andere wie Willi Sitte versuchten eine Entwicklung im vorgegebenen Rahmen. Später – es war die Zeit, als auch Henri Deparade und Steffi Becker in Halle lebten - erregten die veristisch--kritischen Bilder der jungen Hallenser Aufmerksamkeit. In diese Richtung entwickelte sich zunächst auch Steffi Deparade-Becker, die unter anderem bei Frank Ruddigkeit studiert hat. Ab 1983 entstanden erste Collagen. Um 1988 entstandene, dynamische, an Einsturz erinnernde Blätter waren Spiegel innerer Befindlichkeit und der äußeren, „bleiernen“ Zustände. Von diesen Arbeiten führt formal ein Weg ins Heute. Zunächst auf
Papier, seit 2002 auch auf Leinwand, entwickelt die Künstlerin ihre Raum-Assoziationen. Die Bilder sind voller Unbestimmtheit
und Vieldimensionalität, fordern so die Phantasie heraus. Und sie sind eine „Schule des Sehens“. Erst im Dialog zwischen Betrachter
und Werk geben sie ihre unsichtbaren, geistigen Ebenen frei.

Dr.phil.Inrid Koch, Kunst -u. Kulturjurnalistin
Dresden, 2003

Der unendliche Moment – Bilder von Steffi Deparade-Becker in der Sächsischen Landesärztekammer

Der Titel der Ausstellung - „Der unendliche Moment“ – ist zweifellos ein Widerspruch in sich. Und doch appelliert er an Empfindungen, die wohl jeder kennt. Eine ungewöhnliche Stimmung in der Natur, ein besonderer Punkt in einer Beziehung oder auch eine unmittelbare Gefahr können sie hervorrufen. Die Gesetze von Raum und Zeit scheinen in einem solchen Fall außer Kraft gesetzt, der Augenblick wird zum Lichtjahr. Und manchmal gelingt es sogar, solche „unendlichen Momente“ auszudrücken – etwa auf Bildern, wie man sie derzeit in der Sächsischen Landesärztekammer sehen kann. „Spiegelung I“ beispielsweise – flächenhaft, von einer horizontartigen Teilung dominiert - mutet mit seiner rötlichen bis pinkfarbenen, aber auch bläulichen Farbgebung wie eine eisige, schöne Landschaft an, die unendlich still und ohne Bewegung ist. Eine „Abendlandschaft“, die der Besucher in der vierten Etage findet, ist ebenso so still und unbewegt, aber voller Wärme. Beide senden einen Zauber aus und zugleich den Impuls, dass ein solcher „Moment“, eine solche Stimmung, wohl nicht von Dauer ist. Andernorts ist die „Bedrohung“ schon sichtbar, ja physisch spürbar: Man sieht auf eine große, nach oben mächtiger werdende schwarz-dunkelgraue Fläche, deren „Explosion“ unmittelbar bevorzustehen scheint. Noch aber ist nichts passiert. Es ist womöglich der Moment der Starre vor der Katastrophe.
Steffi Deparade-Beckers Bilder gliedern sich in horizontal und vertikal angelegte, fein komponierte Farbräume. Sie appellieren an das Assoziationsvermögen des Betrachters. Konnte man sie bisher bevorzugt als „Städtisches“, als „Architektur“, wahrnehmen, so steht derzeit eher „Landschaftliches“, „Naturhaftes“, im Zentrum des Interesses der Künstlerin. Dadurch zeigen die Arbeiten der jüngsten Zeit mehr Weite, lassen die Augen bis zum (malerischen) Horizont wandern. Mitunter erinnern sie auch an die Fensterblicke, wie man sie aus der Malerei der Romantik kennt. Das „Landschaftliche“ zeigt sich mal verträumt wie die erwähnte „Abendlandschaft“ oder eher industriell geprägt wie ein „Hafen“. Der Phantasie des Betrachters überlassen bleibt, ob die „Spiegelungen“ durch das Wasser eines Sees oder Glas hervorgerufen werden. Und eine leichte Verschwommenheit im Malerischen, die man auch als Anlehnung an die Wahrnehmung beim Blick aus dem fahrenden Zug oder Auto interpretieren könnte, unterstreicht die Unbestimmtheit. Farblich zeigen die Bilder ebenfalls Neuerungen: Zu der ursprünglich eher verhaltenen, von Grau und Grün, aber auch dunklem Violett und Schwarz bestimmten Palette haben sich ein kräftiges Blau – mal heller, mal dunkler – sowie Rosa bis Pink und Orange gesellt.

Einen besonderen Reiz beziehen die Arbeiten Steffi Deparade-Beckers aus der subtilen Verbindung von Malerei und Collagen. Letztere offenbaren sich oft erst nach genauem Hinschauen. Sie sind „verborgen“ in den sich überlagernden malerischen Flächen und kaum noch sichtbar. So ergibt sich für den Betrachter eine von der Malerei dominierte Struktur, die mal transparenter, mal intransparenter ist. Folglich kann und sollte man die Bilder aus zwei Perspektiven betrachten – aus der Ferne und aus der Nähe. Im aus der Distanz als schöne Landschaft Wahrgenommenen entdeckt man möglicherweise dann noch zusätzliche, unvermutete Bedeutungen. Unter Umständen steht da das Gen-Schaf Dolly, oder man wird an den 11.September erinnert. Es sind Rudimente von Zeitungs- und Zeitschriftenfotos sowie auch Textteilen, die oft sogar Anlass für das Bild waren. Allerdings werden sie in den Hintergrund „verbannt“ – ein Hinweis wohl auch darauf, wie solche Ereignisse direkt und besonders indirekt alle Bereiche des heutigen Lebens beeinflussen.

In den Bildern Steffi Deparade-Beckers von 2005/06 haben sich vor allem Eindrücke von jüngsten Reisen durch den deutschen Norden und nach Südfrankreich niedergeschlagen. In Frankreich kam zum Landschaftserlebnis die künstlerische „Begegnung“ in den Museen. Besonders eine De-Stael–Ausstellung in Antibes wurde für die Künstlerin zu einer persönlichen Entdeckung. Der thematisch von der Landschaft inspirierte, sehr reduzierte, strenge Aufbau der Bilder dieses Malers berührte und bestärkte sie nachdrücklich. Seit gut 30 Jahren arbeitet Steffi Deparade-Becker an ihrem Weg. Zwischen 1974 und 1980 erwarb sie sich ihr „Handwerkszeug“ an der traditionsreichen „Burg“, der Hochschule für Kunst und Design Halle/ Burg Giebichenstein. Die damals junge Generation der Hallenser Maler war, sicher auch unter dem Eindruck der Lebensrealität der Industriestadt und durchaus beeinflusst von Kollegen der Leipziger Hochschule, häufig veristisch orientiert. Auch Steffi Deparade –Beckers frühe Porträt- und Familienbilder zeigen diesen Einfluss. Neue Wege ging sie mit seit 1983 entstandenen Collagen. Arbeiten mit „einstürzenden“ Strukturen waren um 1988 schließlich Reaktion auf die zunehmend als schwieriger empfundenen Verhältnisse in der DDR-Endzeit. Formal liegt hier wohl ein Ansatz für die Hinwendung zu Anmutungen von Architektur und Städtischem. In den 90er Jahren entstanden nach eher kleineren Kabinettstücken auf Papier wieder größere Formate und seit 2002 wieder Malerei auf Leinwand. Mittlerweile haben Steffi Deparade-Beckers Bilder eine neue geheimnisvoll-magische Dimension gewonnen, so dass sie auch den „unendlichen Moment“ festhalten können.

Lisa Werner-Art